Die Krankheit und ihr Erscheinungsbild
Die äußeren Erscheinungen dieser Krankheit gehen ganz offensichtlich auf eine Störung der sich anbahnenden Puppenhäutung der Larven zurück. Ausgelöst wird der krankhafte Vorgang durch den Befall der Maden mit einem Virus, dem Sackbrutvirus (SBV). Es kann unter dem Elektronenmikroskop im Larvengewebe als kugeliges Partikelchen von 28 nm Größe (1nm = 1 Nanometer = 1/1.000.000 mm) relativ leicht identifiziert werden. Biochemisch gehört es in die Gruppe der RNS-Viren. Die Maden nehmen den Infektionsstoff schon in ihren ersten Lebenstagen mit dem von den Ammen gereichten Futter auf. Das Virus breitet sich im Fettgewebe, in den Muskeln, den Tracheenenden und besonders im Gehirn und in den Nervensträngen aus. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Teil der befallenen Larven schon in den noch offenen Zellen eingeht und von den Bienen unverzüglich daraus entfernt wird. Für den Imker ist die Krankheit allerdings erst erkennbar, wenn die Maden auf dem Vorpuppenstadium in der gedeckelten Zelle absterben. Dann ähnelt das äußere Bild mit den einfallenden und rissig werdenden Zelldeckeln nicht selten dem der Bösartigen Faulbrut. Die Krankheitsanzeichen der befallenen Maden sind indessen völlig andere.
Es beginnt damit, dass sich zwischen der Haut der Streckmade und der darunter entstehenden Puppenhaut, am Hinterende beginnend, eine unverhältnismäßig große Flüssigkeitsmenge ansammelt. Die klare oder leicht bräunliche Häutungsflüssigkeit scheint deutlich durch die durchsichtige Larvenhaut hindurch. Diese platzt aber nicht, so dass die Puppe sozusagen nicht aus der Haut fahren kann. Man kann die Made mit der Pinzette wie einen Sack aus der Zelle herausziehen.
In diesem Zustand ist die Ansteckungsfähigkeit der Larvenmasse besonders groß. Wahrscheinlich nehmen die Bienen beim Versuch, die Maden aus den Zellen zu entfernen, Infektionsmaterial auf und geben es auf dem Futterwege an die gesunden Maden weiter.
Allmählich färbt sich der Larveninhalt, von vorne nach hinten fortschreitend, dunkel. Er zerfällt in eine wässrig-körnige auch jauchige Masse, ohne dass ein besonderer Geruch wahrzunehmen wäre. Die ausgestreckt in der unteren Zellwandrinne liegende Made trocknet schließlich zu einem dunkelbraunen Schorf ein, der häufig noch die Madenringelung erkennen lässt. Dabei knickt das Kopfteil ganz charakteristisch nach oben, was dem Ganzen das Aussehen eines Hakens oder eines Bootskiels verleiht. Man spricht deswegen auch oft von „Haken“-oder „Schiffchenbrut“. Der schuppenartige Schorf hat jetzt alle Ansteckungskraft verloren. Er sitzt locker und lässt sich ohne Mühe aus der Zelle entfernen.
Die Sackbrutviren sind auch in den erwachsenen Bienen nachzuweisen. Sie finden sich hauptsächlich im Kopf der Bienen, insbesondere in den Hypopharynxdrüsen, wo sie sich schon einen Tag nach Aufnahme des Infektionsstoffes anzusammeln beginnen. Empfindlich sind besonders die jungen Bienen, die sich hauptsächlich beim Zellenreinigen infizieren. Sie scheinen nicht direkt krank zu werden, beginnen aber früher als andere Bienen zu sammeln und haben auch eine verkürzte Lebenserwartung. Dadurch ist die Ansteckungsmöglichkeit der Larven offenbar begrenzt, was vielleicht auch erklärt, dass die Sackbrut kaum je als Massenseuche auftritt. Dennoch scheinen die erwachsenen Bienen eine Art Vorratsbehälter für den Krankheitserreger zu sein; so übersteht er auch die brutlose Zeit des Winters. Unter welchen Umständen das Virus allerdings in der Brut wieder pathogen wird, ist vorerst noch nicht geklärt.